Montag und Dienstag: Touristenleben
Unsere gesamte Gruppe traf sich am Floridita, wo uns unser kubanischer Spanischlehrer eine geführte Tour durch die Altstadt geben wollte. Dummerweise führte uns diese Tour durch den sanierten Teil der Altstadt, der mit Geschäften und Verkäufern gefüllt war. Ständig wurde man angesprochen, sollte Zigarren kaufen oder Bilder, die schnell von einem skizziert wurden. Besonders schlimm waren die Bar-Abgreifer, die einen in eine Bar abschleppen wollten. Havanna unterscheidet sich hier in Nichts von jeder beliebigen anderen Touristengegend auf der Welt und für politisch links orientierte dürfte sich spätestens hier die Vorstellung vom sozialistischen Staat aufgelöst haben. Hier regiert wie fast überall sonst der pure Kapitalismus, der Touristen als laufende Geldautomaten begreift.
Kurze Zeit später hatte sich die Gruppe aufgelöst und wir gingen durch die unsanierte Altstadt zurück. Ungestört und entspannt. »Das ist das echte Havanna« entfleuchte es unserem Führer, was bedeutet, dass es in einigen Jahren nicht mehr da sein wird…
Abends stand eine Kneipentour auf dem Programm. Die VHS entschied sich für eine Reise in den Fußstapfen von Hemingway und steckte uns zunächst in das Floridita, eine üble Touristenkneipe mit schlechten, teuren Cocktails und unfreundlicher Bedienung. Weiter ging es in das Bodeguita del Medio, einer ungeheuer kleinen Kneipe, in dessen Ecke eine Band gequetscht war und wo man sich über die Köpfe von etlichen Leuten hinweg Mojito ordert. Nach etwa einer halben Stunde brach leider die Stimmung zusammen, denn dem vermutlich aus Schwaben stammenden Nachbarn wurde es zu laut und die Band musste gehen. Die dritte Bar, das Sloppy Joe's, hatte in diesem Jahr nach 48 Jahren wieder aufgemacht. Aus der ehemals beliebten Örtlichkeit ist jetzt allerdings eine Art sterile Hotelbar geworden, die niemand braucht. Somit ging es gegen 23:30 wieder zurück in unsere Wohnungen. Wir haben sechs Leute in eine sehr kleine, sehr kaputte Taxe gesteckt, die dann mit 80 Sachen durch die Nacht düste. Natürlich ohne zu bremsen, denn wie in Havanna gewohnt wird fröhlich gehupt, damit die Leute aus dem Weg gehen. "Fröhlich" ist hier ernst gemeint: Die Aggressivität des Berliner Huptöns fehlt hier völlig, stattdessen hört man überall ein freundliche "Achtung, ich komme!".
Am Dienstag ging unser Touristendasein weiter: Ein Ausflug in eine hübsche, kleine Bucht mit Korallenriff entpuppte sich als Hotelanlage, bei der wir uns für 18 CUC einkaufen mussten. Das Ergebnis war dann allerdings all-inclusive und Strand und Aussicht entschädigten für diesen Obolus: Auf der einen Seite ein Meer in Katalogqualität, auf der anderen Seite Berge, die oben mit vielen kleinen Palmen verziert waren und von denen große, schwarze Vögel herab segelten, deren Flügel exakt so aussahen wie das Batman-Logo von 1966!
Der Abend klang anschließend bei strömendem Regen in einem sehr guten Restaurant direkt am Malecón aus. Ich hatte allerdings die Warnung des Vorbereitungskurses über die Fleischberge vergessen und ernsthafte Probleme mit der gelieferten Menge :).
Regen bedeutet hier übrigens: Über einem befindet sich ein Swimmingpool, der Boden wird entfernt und eine ungeheure Wassermenge klatscht auf einen!