2015 Jahr war ich ein lokaler Sommerradler. 2016 radelte ich durch Tschechien und starrte später neidisch auf die Zugspitzen-Bilder vom @spmrider. Dann entdeckte ich die Eurovelo-Routen und sah diesen kleinen Kreis am Bodensee, der von Konstanz aus zurück nach Konstanz führte:
Über den Oberalppass.
🤔
😶
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Ich klickte die Route auf Komoot zusammen und das sah alles gut aus: Von den Ferienzeiten her ist dort kein großer Verkehr und die große Steigung ließe sich mit der Bahn umgehen (bei 140Kg muss ich nicht 1500 Meter hoch fahren…). Mit Luzern und Brienz gibt es zudem auch noch hübsche und interessante Orte unterwegs, samt dampfbetriebenen Zahnradbahnen, Seilbahnen und Wanderungen auf Gipfeln. Also buchte ich.
Erst einmal die Zugverbindung (Nightjet von Berlin aus), dann, Wochen später die ersten Unterkünfte. Ich, Höhenangst, viel Eigengewicht, Berge und dieser komische “Naturpfad” bei Ilanz. Ständiges Zweifeln. Aber immer der Blick auf die Bilder von dort: Ich MUSS da lang fahren! (Umfahrungen per parallel fahrender Bahn als Sicherheitsnetz für Strecken, bei denen ich mich unsicher fühle, gibt es.)
Ab Andermatt plane ich nicht mehr als die Strecke und hoffe auf freie Hotels auf dem Weg, wenn ich merke, dass ich für den Tag genug habe. Auch das ein Novum für mich: Ich neige zum “Überplanen” meiner Radreisen und lege feste Unterkünfte und Entfernungen fest. Das geht hier nicht und ich möchte es auch nicht. Vorgesehen ist somit ein Kreis von Konstanz über Luzern und Andermatt, wieder Konstanz und dann am Flussradweg nach Ulm (oder weiter, je nach Restzeit).
Wenige Tage vor der Abfahrt fällt mir auf: Dieses Tunnelproblem bei Rastatt sorgt dafür, dass mein Nightjet ausfällt! Fünf Stunden sitze ich anschließend vor dem Rechner, bis ich zwei mögliche Verbindungen gefunden habe, die mich und mein Fahrrad nach Konstanz bringen: Ein Locomore nach Stuttgart und anschließend über Friedrichshafen mit einer Fähre nach Konstanz oder, falls etwas mit dem Locomore nicht klappt, über Leipzig und Ulm nach Friedrichshafen und Konstanz – letzteres allerdings mit deutlich mehr Umsteigevorgängen und weniger Schlaf, als ich mir das erhofft hatte.
Zwar gibt es für mich kein Bett im Nightjet, dafür aber ein echtes Bett in einer echten Wohnung, den kleinen orangenen Zug (Einhörner!) und einen Katamaran. Guter Tausch ☺️.
Und alles klappt wunderbar. Der kurz zuvor noch insolvente Locomore fährt, es gibt kostenlose Getränke, ein überfreundliches Personal und eine pünktliche Ankunft in Stuttgart, wo ich mich durch die eher lückenhafte Radinfrastruktur zu meiner airbnb-Wohnung durchkämpfe.
Am nächsten Tag rolle ich den Stuttgarter Berg zum Bahnhof runter und steige Friedrichshafen aus dem Zug. Angekommen! Jetzt nur noch mit dem Katamaran nach Konstanz und die Radtour kann starten ☺️. Die Sonne brennt und alles sieht gut aus 😁.
Nach dem Mittagessen rolle ich kurz durch Konstanz und stehe an der Grenze zur Schweiz. So einfach ist das zum Glück immer noch: Einfach durchfahren und ich bin in einem anderen Land!
Die erste Etappe geht nach Rafz, dann weiter nach Laufenburg. Auf dem Weg werde ich ständig zwischen Deutschland und der Schweiz wechseln und zusätzlich den Rheinfall besuchen. Der Belag ist meist gut, der Schweizer Verkehr ausgesprochen fahrradfreundlich, Komoot routet problemlos durch die Gegend und mit dem zweiten Tag ist auch die Abendroutine bereits eingeübt: Fahrrad sicher unterbringen, duschen, Wäsche waschen, im Handtuch auswringen, mit dem zweiten Set Wäsche essen gehen, schlummern. Auch das Wetter meint es gut mit mir: Über 30 Grad und meist trocken, somit gut befahrbar, wenn natürlich auch schweißreich.
Die ersten zwei Tourtage sind schnell vorbei. Bilder können die Eindrücke kaum einfangen, so fantastisch sieht alles aus. Den Abend verbringe ich entspannt mit Freunden in Laufenburg. Der kommende Tag wird allerdings der erste wirklich besondere werden: Die bislang längste Strecke am Stück und die bislang meisten Höhenmeter.
Statistik für die zwei Tage ab Konstanz: 123 Kilometer, 1041 Höhenmeter