Hm. Ich habe etwa 150GB Platz in meiner iCloud. Und ich habe Dropbox. Könnte ich Dropbox loswerden?
Dropbox ist einfach zu verstehen: Es synchronisiert Verzeichnisse zwischen Rechnern. Man kann optional angeben, dass bestimmte Verzeichnisse zwar auf Rechner A ankommen sollen, nicht aber auf Rechner B. Rechner werden also nicht unerwünscht zugemüllt. Da die Dateien immer auch lokal vorliegen kann man auch ohne Internet mit ihnen arbeiten. Die iOS-App verfügt über einen Offline-Modus. Derartig markierte Dateien oder Ordner werden auf das Telefon geladen, alles andere nicht (für alles andere braucht man also Netz, um diese Dateien dann öffnen zu können). Ich bin seit 2009 bei Dropbox. Es funktioniert, ist übersichtlich und zuverlässlich.
iCloud Drive ist dagegen Apples Versuch, alles so zu machen, dass niemand Dinge steuern muss. Dass ich vier Stunden Artikel suchen und lesen musste, um zu verstehen, was wann warum passiert, wogegen Dropbox in wenigen simplen Sätzen beschrieben werden kann, deutet schon an, was sich Apple hier geleistet hat: Unterhalb von Sierra synchronisiert iCloud Drive Verzeichnisse zwischen Rechnern. Es wird immer alles zwischen allen Rechnern synchronisiert. Rechner werden folglich mit Dateien zugemüllt, die man vielleicht nicht auf jedem Rechner haben möchte. Da die Dateien immer auch lokal vorliegen kann man auch ohne Internet mit ihnen arbeiten. Im Grunde entspricht dies der Dropbox ohne Ordnerauswahl und mit einer iOS-App, die ALLES downloadet. Ab Sierra ist das Verhalten umgekehrt: Dateien werden erst einmal nicht geladen, sondern mit einem Wolkensymbol gekennzeichnet und bei Verwendung aus dem Netz geholt (wenn man Netz hat). Sierra löscht außerdem lange nicht verwendete Dateien automatisch vom Rechner. Unter iOS scheint es ähnlich zu funktionieren: Ältere iOS-Versionen laden das gesamte iCloud Drive (und sind dann evt. voll), wogegen neuere erst auf Zuruf die angeforderten Dateien laden (wie die Dropbox-iOS-App).
Problem 1: Gelöschte Dateien existieren nur noch in iCloud und es lässt sich nicht steuern, welche Dateien gelöscht werden. Aus drei Speicherplätzen (lokaler Rechner, Backup des lokalen Rechners und iCloud) wird damit ein einzelner Speicherplatz (iCloud). Passiert in iCloud ein Fehler ist die Datei verloren, ohne dass man mitbekommen hat, dass sie aus den zwei Speicherorten, die unter der eigenen Kontrolle stehen, entfernt wurden.
Problem 2: Große Datenmengen möchte man erst ab Sierra in iCloud Drive ablegen, weil sie dort zwar angezeigt werden, aber erst bei Verwendung Platz verbrauchen. Ein Beispiel dafür wären Videodateien (komplette Filme). Theoretisch könnte man auch die iTunes Library in iCloud Drive ablegen und damit iTunes Match umgehen. Dafür müssten dann aber alle Rechner auf Sierra umgestellt werden, was bei mir nicht möglich ist, da sie teilweise kein Sierra mehr unterstützen und nach wie vor meine Applikationen Updates mit Workarounds für das von Apple kaputt gemacht PDFKit ausstoßen.
Fazit: iCloud Drive ist kein Dropbox-Ersatz. Das völlig unterschiedliche Verhalten bei verschiedenen Betriebssystemversionen und die fehlende Kontrolle raten vom Einsatz jenseits der definierten Bereiche (Photos, Backup etc.) ab.