Wann ist der Zeitpunkt gekommen, einer Serie Adieu zu sagen? Vielleicht, wenn man anfängt, den Hauptcharakteren den Tod zu wünschen? Oder komplette Folgen nur noch genervt durchspringt? Oder die Ratings bei 5/10 angekommen? Bei Grey's Anatomy bin ich zum zweiten Mal an diesem Punkt angekommen. Ich startete mit der vorletzten Folge von Staffel 6. Die Staffeln 7 und 8 waren grandios. Dann flachte es ab. Die Handlungen wurden anstrengend. Ich habe einzelne Episoden übersprungen und mühsam bis zum Ende von Staffel zehn durchgehalten. Staffel 11 brauchte ich mir nicht geben. Stattdessen fing ich mit Staffel 1 an. Die Charaktere wurden eingeführt. Das war interessant, lustig, dramatisch.
In Staffel 3 überwiegt wieder die Langeweile. Beziehungskrise? Gähn. Meredith Grey als Hauptcharakter ist ähnlich interessant wie eine leere Tasse Kaffee und z.B. kein Vergleich zu Yang oder Bailey, die bereits in Folge 1 spannende Charaktere sind und im Verlauf der Serie immer bedeutender werden. Grey ist auch in Staffel 10 stets nur vorhanden, ohne irgendeine Relevanz oder Tiefe zu besitzen.
Was aber wirklich stört: Es ist eine amerikanische Serie mit einem absurd amerikanischen Blick auf die Welt. Etliche Folgen thematisieren, ohne Kritik zu üben, dass eine Operation durch ihre Kosten den Patienten in den Ruin treiben wird und dass die Krankenhäuser hauptsächlich dafür da sind, Geld zu erwirtschaften. Die amerikanische Sexualmoral ist ebenfalls stets vorhanden: Das ständige Vögeln unter Kollegen ist zwar in Ordnung, aber einen abgebissenen Penis in einer Kühlbox umher tragen zu müssen sorgt für den Running Gang einer kompletten Episode, in der Ärzte das Problem haben, das Wort "Penis" auszusprechen. Ein homosexuelles Pärchen sorgt dafür, dass Diskussionen ins Stocken geraten und verlegen weggegangen wird. Geschlechtsumwandlungen schockieren die assistierende Ärztin. Aus deutscher Perspektive bzw. aus meiner Lebensperspektive ist das alles grotesk und es wird zunehmend anstrengend, wenn sich komplette Episoden um Themen drehen, bei denen man das Gefühl hat, dem Mittelalter beizuwohnen und die ganze Zeit nur denkt: "So what?".
Meredith ist dabei die gefühlt 55 Jahre alte Oberschichts-Bewohnerin, die ihren Traumprinzen sucht und in ihrer Farblosigkeit erstickt. Kein Wunder, dass sie als beste Freundin und Reibungspunkt Yang an die Seite gestellt bekommt, die von einer kaputten Beziehung in die nächste stürzt und solche Dialoge in den Mund gelegt bekommt:
B: "Wenn wir im Krankenhaus sind, dann sind wir nur Kollegen, kein Pärchen."
Y: "Oh, das heißt, wenn wir im Krankenhaus sind, darf ich mit anderen Männern schlafen?"
Abgang
Leider heißt die Serie "Grey's Anatomy" und nicht "Yang's Anatomy".