Eigentlich hätte das ganz gut klappen können: Mit dem Bus in irgendein Kaff in Brandenburg fahren, Feuerwerk sehen, mit der Taxe zum Kumpel, trinken, Club.
In der Realität verpasse ich den Bus, stehe 25 Minuten mit laufender MyTaxi-App in der Nähe des Flughafen Schönefelds herum, lande bei einem Fahrer, der das Kaff nicht kennt und lotse ihn mit dem iPhone durch die Gegend - welches sich dann bei 10% Akkustand einfach ausschaltet. Danke, iOS 8! Damit kann ich die Taxe nicht bezahlen (der Fahrer gibt mir seine Kontodaten). Damit kann nachher keine Taxe rufen. Und ich weiß nicht, wo mein Kumpel wohnt. Und ich kann ihn nicht anrufen. Super.
Wird aber besser.
Die Veranstaltung ist gegen 21:00 beendet. Niemand möchte mich mitnehmen. Klar. Bis auf eine Person. Wenn sie nicht zu viel gekifft hätte. Immerhin sagt sie mir, welchen Weg ich laufen kann. Laufen? Nunja, verlaufen kann ich mich nicht - ich muss ja nur um diesen Flughafen herumlaufen, denn der Bahnhof ist im Norden, das Kaff im Süden. Was soll da schon schief gehen? \o/
Leerer Akku bedeutet übrigens auch keine Karte und kein Licht. Ich gehe deshalb den längeren Weg, der mich nicht über Autobahnen und Flughafenbaustellen führt.
Kilometer 1,5
Ich verlasse den Ort Richtung Flughafen. Trotz der Berliner Lichtverschmutzung ist der Weg stockfinster. Ich knuffe meine kleine Tardis, die daraufhin leuchtet und summt. Wenigstens etwas.
Kilometer 2
Flughafen! Ein unbefestiger Baustellenweg führt um ihn herum. Nachts sieht der Flughafen wirklich schön aus. Ruhig. Entspanned. Flugaktivitäten gibt es in Schönefeld quasi keine. Zombie-Apokalypse.
Ich blicke nach Vorne, entlang der endlosen Reihe von Laternen, die den Flughafen umranden und am Horizont verschwinden. Am Ende der Laternen hätte ich ⅓ des Weges geschafft.
Ich kann das Ende nicht sehen.
Ich hoffe, dass irgendein Polizeiwagen immer im Kreis um den Flughafen herum fährt und mich mitnimmt.
Kilometer 5
Gibt es hier Bären?
Kilometer 7
Ich laufe in Richtung eines Hügels, auf dessen Kuppe ein einsamer Baum vom Licht fahrender Autos erfasst wird und strahlend erleuchtet. Es ist exakt der Effekt, mit dem in der ersten Akte X-Staffel die Entführungen durch Außerirdische angedeutet werden.
Ich laufe zum Licht.
Kilometer 8
Ein Schild: "Holiday Inn". Das muss am Flughafen sein! Und selbst wenn nicht: Die haben Taxen!
Kilometer 10
Eine Bushaltestelle! Ich bin nur noch 9 Minuten vom Ziel entfernt!
Ein Auto rast vorbei.
Hier darf man 100 fahren.
9 Minuten. Tempo 100. Selbst wenn der Bus nur 60 fährt sind das… noch 9 Kilometer.
Ich laufe weiter.
Kilometer 15
ICH KANN DAS ZIEL SEHEN! Aber erst einmal Tankstelle. Trinken kaufen. Mir tut alles weh. Ich bin für so etwas nicht gemacht. Und Eis kaufen: Seit wann bitte gibt es Solero Mojito?
Kilometer 16
Ich erreiche den Bahnhof um 1:30. Das heißt, ich bin vier Stunden lang gelaufen. VIER. Das Treffel mit dem Kumpel ist damit natürlich hinfällig.
Und bereits zwei weitere Stunden später hat mich der Berliner Nachtverkehr nach Hause gebracht.
Und andersrum?
Der Weg östlich um den Flughafen herum ist kürzer ist sieht theoretisch so aus:
Allerdings wäre ich dann in der BER-Baustelle gelandet und hätte mehrere Kilometer über die Autobahn laufen müssen. Bei Kilometer vier wäre eine Stelle gewesen, bei der ich ohne Karte den Weg nicht gefunden hätte.
Ich hätte alternativ auch den Autos folgen können:
Ohne Karte wäre ich allerdings auch hier verloren gewesen.
Lessons learned
- Ich brauche unbedingt eine neue Akkuhülle (oder Taschenlampe und Papierkarte).
- Brandenburg ist nichts für Fußgänger.
- Nächstes Mal nehme ich mein Fahrrad mit.
- Von den ganzen 16 Kilometern war nur ein Abschnitt von etwa 500 Metern ohne Rad/Fußweg. Alles andere ist entweder mangels Verkehr perfekt begehbar oder hat sehr breite, hochqualitative Wege. So eine Rundtour um den Flughafen dürfte sehr viel Spaß machen.
PS: Nächstes mal fahre ich einfach Fahrrad. Sind nämlich nur 22 Kilometer von Tür zu Tür.