Um die Jahrtausendwende besaß ich mit dem Nokia 6210 mein erstes Handy. Jahrelang hatte ich mich dagegen gewehrt und es als nutzlos abgetan, konnte mich nun aus beruflichen Gründen jedoch nicht mehr dagegen schützen. Und besaß ich kurz nach der Jahrtausendwende Zuhause zunächst gar keinen Rechner mehr, später dann einen nur für Entwicklungszwecke verwendbaren FreeBSD-Rechner, so öffnete der Wechsel zum Mac etliche neue Szenarien. Musik kam auf den Rechner, Kalender und Aufgabenlisten ebenfalls. Der Spieltrieb übernahm und die mobilen Geräte kamen hinzu:
Zunächst ein Psion Revo. Der kleine Organizer hatte ein richtige Tastatur und mit Symbian auch ein waschechtes Betriebssystem an Bord. Die Oberfläche war gelungen, Office-Applikationen erhältlich und selbst kleinere Echtzeitstrategiespiele gab es. So saß ich an der Bushaltestelle und beobachtete, wie meine Panzer durch die Gegend fuhren. Die Sync-Möglichkeiten waren allerdings beschränkt. Letztlich war der Revo für mich ein nettes System, mit welchem ich aber nur herum spielte.
Es folgte ein Palm Zire. Der kam mit dem Palm Desktop für den Mac, einer fantastischen Software, bei welcher ich z.B. Aufgaben in Zeitblöcken im Kalender eintragen konnte. Schnell schrieb ich mir ein Applescript, welches die regelmäßigen Einkäufe dort eintrug. Als Betriebssystem verwendete der Zier das Palm OS 4, ein sehr klar strukturiertes System. Der Zire war mein täglicher Begleiter. Das Nachfolgebetriebssystem, Palm OS 5, erschien 2002. Danach begann die Firma stark zu trudeln. Wie einst bei Apple begann die Suche nach einem neuen Betriebssystem (was 2009 WebOS wurde) und diese Suche hinterließ etliche Opfer: Der Palm Desktop wurde nicht mehr weiter entwickelt und die alten Geräte starben einen langsamen Tod. Mit Snow Leopard entfernte Apple 2009 die Sync-Unterstützung aus iSync. Damit war der Palm Desktop endgültig tot.
Der Wechsel in die Apple-Infrastruktur war nicht ganz schmerzfrei: iCal kam 2002 heraus und bot theoretisch, was der Palm Desktop mit Kalendereinträgen und Aufgaben beherrschte, konnte aber in der Praxis nicht überzeugen. Ich bin irgendwann um 2005 auf iCal umgestiegen und ließ den Palm fortan per iCal befüllen. Mit dem 2008 in Deutschland erscheinendem iPhone mit 16GB Speicher bin ich dann gewechselt. Dank der jahrelangen Vorbereitung waren Adressen, Kalender, Aufgaben und Musik alle auf dem Mac vorhanden. Das iPhone dockte folglich problemlos an diese Infrastruktur an und löste somit den Palm Zire ab.
Aber nicht nur der Palm wurde abgelöst: Auch der 2005 erworbene iPod nano und der 2006 erworbene Nintendo DS wurden durch das iPhone abgelöst.
Seitdem bewege ich mich vollständig in der Apple-Infrastruktur: iPhone Classic, iPhone 3GS, iPhone 4S. Hinzu kommen etliche Cloud-Dienste, die Daten zwischen allen Plattformen synchronisieren: Erst MobileMe für Kontakte und Kalender (später iCloud), Dropbox und Evernote.
Der Wandel, den die mobilen Geräte vollzogen haben, ist offensichtlich. Von kleinen Assistenten für Termine, Aufgaben und als Notizhelfer trage ich jetzt einen Rechner mit mir herum, der den Internetzugriff enthält, ein Archiv all meiner Dokumente, mir weltumspannende Kommunikation ermöglicht, Musik abspielen und Videos auf dem Fernseher wiedergeben kann. Spielen geht ich natürlich auch.
Dennoch schaue ich mit leichter Wehmut auf die einfacheren Geräte von damals. Der Palm Zire war meine Einkaufsliste und nicht mehr. Der Nintendo DS konnte spielen und nicht mehr. Der iPod nano konnte Musik und nicht mehr. Jeder Gerät war an genau eine Funktion gebunden und die Verwendung jedes Geräts war damit auch eine bewusste Entscheidung: "Jetzt höre ich Musik" (iPod) oder "Jetzt spiele ich" (Nintendo DS). Nehme ich das iPhone in die Hand erhalte ich unendliche viele Möglichkeiten: Ich kann spielen, surfen, mailen, twittern, lesen, Musik hören, Podcasts hören, Lernen, fotografieren, Fotos anderer Menschen sehen.
Immer, wenn ich das iPhone auf bestimmte Dinge beschränken möchte, komme ich an Grenzen: Es ist mein Telefon, also brauche ich es als Telefon und für SMS. Gleichzeitig ist es meine Landkarte, mein Bahn-Programm, mein Vokabeltrainer, meine Weight Watchers-Hilfe, meine Einkaufsliste, meine Digitalkamera, mein Kalender, meine Aufgabenverwaltung, mein Lexikon, mein Taschenrechner, mein Lieferdienst, mein Taxifunk, mein Fahrradcomputer und natürlich meine Spielkonsole. Darauf möchte ich nicht verzichten. Für dieses ganz persönliche Dilemma der gefühlten Überforderung wird es wohl keine Lösung geben :).