Mein Kindle ist kaputt gegangen. Das halbe Display zeigte nur noch Müll an. Einfach so. Glücklicherweise ein Garantiefall, der binnen zehn Minuten am Telefon (Amazon ruft an) abgewickelt war. Durch den Tausch komme ich nun in den Genuss, einen Gerätewechsel in der Amazon-Infrastruktur testen zu können.
Durch meine Apple-Blase bin ich seit Jahren einigen Komfort gewohnt: iTunes macht ein Backup vom alten und danach einen Restore auf das neue Telefon. Nach einiger Wartezeit sieht das neue Telefon aus wie das alte: Alles ist wieder vorhanden. So hätte ich das auch gerne mit dem Kindle. Leider habe ich da Absurdes lesen dürfen: Amazon synct über Whispersync nur Lesezeichen, Markierungen oder Notizen. Keine Bücher. Ein neuer Kindle ist somit zunächst leer und man muss die gewünschten Bücher einzeln über die Website an ihn senden. Aber was ist mit Einstellungen, Wörterbüchern, Browser-Bookmarks und Sammlungen? Nicht viel: Maximal Sammlungen eines anderen Kindles lassen sich übernehmen. Leider entfällt das auch für mich, denn nach dem Zurücksetzen des defekten Kindles auf die Werkseinstellungen (mit dem Support-Mitarbeiter) und der späteren Abmeldung des Kindles aus meinem Amazon-Profil (als Versandvorbereitung) sind auch alle Profil-Verbindungen entfernt worden.
Ein neues Gerät im Amazons Infrastruktur bedeutet somit:
- WLAN-Einrichtung.
- Download der zusätzlichen Wörterbücher.
- Manuelle Übernahme aller Bücher, die man auf dem Gerät haben möchte - einzeln.
- Übernahme der Sammlungen des alten Kindles (im Archiv-Bereich des neuen Kindles).
- Whispersync kümmert sich automatisch um Lesezeichen, Markierungen und Notizen. Das funktioniert meist, aber ich habe auch schon Markierungen verloren.
- Setzen der Einstellungen von Hand, manuelle Wiederherstellung der Browser-Bookmarks, Aktivieren der Wörterbücher.
- Ändern aller Verweise auf Kindle-E-Mail-Adressen oder den Kindle, z.B. in Amazons Browser-Plugins, Adressbüchern usw.
- Das Gerät einige Stunden lang mit eingerichtetem WLAN herumliegen lassen, damit es irgendwann automatisch das Betriebssystem-Update installiert. "Automatisch" heißt: Das Gerät macht das irgendwann im Hintergrund und das Update lässt sich auch nicht verhindern.
Das ist insgesamt enttäuschend und die Apple-Infrastruktur samt iBooks dürfte hier hämisch lachen: Vollständiges Backup und Restore gibt es dort seit 2007, Updates direkt auf dem Gerät seit dem letzten Jahr. Allerdings ist ein iPhone oder iPad ein vollständiger Computer, ein Kindle dagegen nur ein Lesegerät für Bücher. Bin ich hier der Sonderfall und alle anderen mit Amazons Wechsel-Möglichkeiten zufrieden, da sie eh nur das eine Buch downloaden und gleich weiter lesen können?
Ein neuer Kindle bringt bei dem zu betreibenden Aufwand immer auch die Überlegung mit sich, was man wirklich auf einem solchen Cloud-anhängigen Gerät herumtragen möchte. Betrachte ich es als ein Buch oder als Bücherregal? Muss ich z.B. alle gelesenen und ungelesenen Bücher auf dem Gerät haben oder reichen die wirklich guten gelesenen Bücher und das aktuelle aus? Vertraue ich der Amazon-Cloud? Möchte ich lieber manuelle Backups auf meinem Rechner haben? Oder gleich alles per Calibre verwalten?
Jeder Schritt, der weg von der Cloud führt, erzeugt höheren Verwaltungsaufwand, entweder auf dem Gerät oder in Zusatzsoftware wie Calibre. Backups öffnen zudem das Fass der DRM-Entfernung. Solche Arbeiten verbuche ich immer unter "Shit-Work", mit welcher ich mich eigentlich nicht befassen möchte.
Letztlich habe ich zwei Stunden Arbeit investiert und einige gelesene Bücher und komplette Serien übernommen, die ich aufgrund der Durchsuchbarkeit auf dem Gerät haben möchte. Ein iPhone-Wechsel samt verschlüsseltem Backup in iTunes erfordert dagegen 5 Minuten Investition durch mich.